SPD Neckarau, Almenhof & Niederfeld

Chancen durch Geothermie

Veröffentlicht am 03.02.2008 in Ortsverein

Sozialdemokraten diskutierten am 23. Januar über die Energiepolitik der Metropolregion

Auf sehr gute Publikumsresonanz war eine öffentliche Informationsveranstaltung der Neckarauer SPD gestoßen. Nach dem Fachreferat von Dipl. Ingenieur Eckhardt Pfisterer (Weinheim) und seinem Bericht über praktische Erfahrungen beim Geothermie-Projekt in Weinheim, wo der Referent maßgeblich mitarbeitet, entzündete sich eine lebhafte Diskussion über Zukunftsprobleme der Energieversorgung. Damit zeigte sich, dass die SPD in Neckarau mit dem Generalthema zu Fragen zur künftigen Energieversorgung ins Schwarze getroffen hatte. Das Geothermie-Thema war ein sehr guter Einstieg für weitere Diskussionen über erneuerbare Energien.
Dipl. Ingenieur Pfisterer zeigte den enorm dringlichen Handlungsbedarf zur Erweiterung der Energieoptionen auf. „Die Preise für fossile Brennstoffe sind in den letzten Jahren explodiert und zeigen die effektive Knappheit bereits jetzt auf und zudem hat die Klimaveränderung die Brisanz der CO2 Emissionen und anderer Treibhausgase uns vor Augen geführt“, so Pfisterer.
Das Ölzeitalter ist nach Meinung von Dr. Ralf Gronych vom Vorstand der Neckarauer SPD ist vorbei. Nach Ansicht von unabhängigen Experten werde erwartet, dass die Ölproduktion um das Jahr 2010 ihre Produktionsspitze (Peak oil) erreichen wird und danach um 3-5 % pro Jahr abnehmen wird. Die Exploration an neuen Ölreserven halte nicht Schritt mit dem steigenden Bedarf. Auch Experten aus der Ölindustrie zeigen Skepsis über die künftige Ölversorgung. Dr. Gronych zitiert den Chefökonom der IEA, Fatih Birol, der zu drastischen Worten griff: „Wenn wir nicht sehr schnell etwas tun, und das in durchgreifender Weise, könnten dem Weltenergiesystem die Räder abfallen.“ Die natürlichen Energiequellen dagegen bieten ca. 3.078-mal soviel Energie wie derzeit global benötigt wird.
In Deutschland dominieren noch Öl und Gas mit 58 % zurzeit an der Energieversorgung, allerdings mit bedrohlich steigender Importabhängigkeit, während die erneuerbaren Energien erst ca. 6 % zum Primärenergiebedarf beitragen. Geothermie führe nach Meinung des Referenten bislang ein Nischendasein und sei trotz sehr günstiger geologischer Bedingungen im Oberrheingraben leider bei Politikern und Fachleuten wenig bekannt. Geothermie ist aber aktuell in die Schlagzeilen geraten. Nicht nur Weinheim, sondern auch in Bruchsal und in Landau sind Geothermieprojekte realisiert. Geothermie bzw. Erdwärme wäre partiell ein Ausweg aus dem Dilemma. Geothermie ist die unterhalb der festen Oberfläche der Erde gespeicherte Wärmeenergie. Diese in der Erde gespeicherte Wärme ist nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich und CO2 frei.
Geothermie stammt zum Teil (geschätzt: 30-50 Prozent) aus der Restwärme aus der Zeit der Erdentstehung, zum anderen (geschätzt: 50-70 Prozent) aus radioaktiven Zerfallsprozessen, die in der Erdkruste seit Jahrmillionen kontinuierlich Wärme erzeugt haben und heute noch erzeugen. Die Temperatur im inneren Erdkern beträgt nach verschiedenen Schätzungen 4500 °C bis 6500 °C. 99 Prozent unseres Planeten sind heißer als 1000 °C; ca. 90 Prozent des Rests sind immer noch heißer als 100 °C. Fast überall hat das Erdreich in 1 Kilometer Tiefe eine Temperatur von 35 °C bis 65 °C.
Eckhardt Pfisterer führte aus, dass „Geothermie (Erdwärme) als Energiequelle zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt werden kann. Hierbei unterschied er zwischen der Nutzung der oberflächennahen Geothermie zur direkten Nutzung, etwa zum Heizen und Kühlen, meist als Wärmepumpenheizung, und der tiefen Geothermie (ab 400m Tiefe) zur direkten Nutzung im Wärmemarkt oder auch indirekt zur Stromerzeugung. Generell werden im Bereich der tiefen Geothermie zwei Arten der Wärmeentnahme aus dem Untergrund unterschieden:
Einerseits hydrothermale Systeme, das sind im Untergrund vorhandene Thermalwässer, die zwischen zwei Brunnen über vorhandene natürliche Grundwasserleiter (Aquifere) zirkulieren. Andererseits petrothermale Systeme, oft auch HDR-Systeme (Hot-Dry-Rock) genannt. Mit hydraulischen Stimulationsmaßnahmen werden im trockenen Untergrund Risse und Klüfte erzeugt, in welchen künstlich eingebrachtes Wasser zwischen zwei tiefen Brunnen zirkuliert.
„Bei uns in der Region müssten Bohrungen bis 3000m Tiefe vorangetrieben werden um Nutzwärme über 160 C zu nutzen, wenn zuvor ein Claim bei der zuständigen Bergbehörde in Freiburg genehmigt ist“, erläuterte Pfisterer. Die Risiken ökologisch aber auch finanziell seien sehr begrenzt. Die salzreichen Abwässer müssten wieder re-injektiert werden und die finanziellen Fördermöglichkeiten über EU-Fonds und Bundes- sowie Landesmittel seien zahlreich. Pfisterer, „es klingt ein bisschen wie Science Fiction, aber angesichts ständig steigender Strompreise auch sehr verlockend: Bis 2020 könnte Weinheim unabhängig von herkömmlicher Energie werden. Nach groben Schätzungen würde ein Tiefengeothermie-Kraftwerk etwa 20 Millionen Euro ungefähr kosten, um etwa ein Viertel 'der Weinheimer Bevölkerung mit Strom versorgungssicher zu versorgen.“
Wichtige Hemmnisse, die einer breiteren Nutzung geothermischer Energie lange entgegenstanden aber gegenwärtig im raschen Wandel sind, seien das hohe Anfangsrisiko (Bohrrisiken, Fündigkeitsrisiko), hohe Bohrkosten, lange Realisierungszeiträume sowie mangelnde Verfügbarkeit von Bohrgeräten und –personal. Neue Erkundungsverfahren minimieren das Fündigkeitsrisiko, renommierte Firmen steigen in das Bohrgeschäft ein und Bund und Land tragen das Fündigkeits- und Mehraufwendungsrisiko wesentlich mit. Das EEG (auch „Stromeinspeisegesetz“ genannt) schafft eine hohe Planungs- und Investitions-Sicherheit für Investoren: Für Strom aus Tiefer Geothermie betrage die Vergütung bis einschließlich einer Anlagenleistung von 10 Megawatt 16,0 plus 2 Cent pro Kilowattstunde. Ein weiterer Vorteil nach Eckardt Pfisterer ist „die hohe regionale Arbeitsplatzintensität dieses Projekts durch Service beim regionalen Handwerk.“

Der durch die SPD in Weinheim vorbildlich initiierte Projektvorschlag: „Energiegewinnung durch Tiefe Geothermie in Weinheim“ ist weit vorangeschritten. Politik wie Stadtverwaltung und Stadtwerke ziehen mit. Das Weinheimer Modell wäre ein Pilotprojekt für künftige Projekte in Mannheim, zumal ein hervorragendes Fernwärmenetz bereits vorhanden ist.

Alle Besucher der Informationsveranstaltung der SPD in Mannheim Neckarau waren sich einig, dass das vorhandene Klimaschutzprojekt in Mannheim durch Druck auf die Politik vorrangig und eilig getrieben werden muss. Die anwesende Stadträtin Karin Steffan pflichtete bei und machte sich eifrig Notizen für weiteres Vorgehen. Weitere Veranstaltungen dieser Art, so der Ortsvereinsvorsitzende Mathias Kohler, sind geplant.

Dr. Ralf Gronych SPD Mannheim-Neckarau

Mathias Kohler
(Vorsitzender)

 

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